Dass unser Stresspegel heutzutage sein Limit gern überschreitet, ist allgemein bekannt. Stress ist eine Volksseuche. Obwohl man sich fragen könnte, warum denn nur? Denn verglichen mit den Gefahren zu Zeiten des Säbelzahntigers, dürften wir heute eigentlich nur müde gähnen. Damals, in der Steinzeit, betrug das Verhältnis zwischen realem Stress und Ruhemodus 3:7.
Heute ist es umgekehrt. Auch wenn der Stress damals, objektiv betrachtet, wirklich lebensbedrohlichen Charakter hatte, war er längst nicht so schädigend wie unser moderner Stress, da die Jäger und Sammler ihren Kampf- und Fluchtimpulsen noch gezwungen waren nachzugehen. Denn sie wollten überleben. Und damit verbrauchten sie die bereitgestellten Hormone auch, so dass deren Pegel anschließend wieder auf ein normales Maß absinken konnte.
Heute wird stillgehalten. Nichts mit Kampf oder Flucht. Kampf allenfalls aus der geschützten Fahrgastkabine des Autos in Form von Nötigung anderer Verkehrsteilnehmer. Oder gegen sich selbst. Ansonsten Ruhigstellung mit Medikamenten.
Die Stresshormone tummeln sich aber dennoch weiter im Blut und richten dort Schaden an.
Möglicherweise könnte es so einfach sein: Die Tierwelt gibt sich diesen physiologischen Mechanismen noch immer hin. Kognition ist diesbezüglich nämlich ein klarer Nachteil. Eine Ente schlägt nach einem heftigen Streit mit Artgenossen kräftig mit den Flügeln, und kehrt anschließend, wieder entspannt, zur Tagesordnung zurück. Die Adrenalinkonzentration in ihrem Blut lässt rasch nach. Langzeitstress in Cortisol-Begleitung gibt es für Tiere allenfalls in der Gefangenschaft einer Käfighaltung.